In der Rennsaison 2019 hatte ich wieder die Möglichkeit, ohne eine feste Verpflichtung zu einer bestimmten Meisterschaft verschiedene interessante Renneinsätze zu fahren. Gerade vor dem Hintergrund vieler beruflicher Dienstreisen war das aber auch völlig in Ordnung für mich.
1. Bergrennen
Nachdem wir zusammen mit KW Automotive im Vorjahr den legendären BMW 320 Judd V8 unseres verstorbenen Freundes Georg Plasa wieder zurück auf die Rennstrecke brachten, war auch für 2019 der Wunsch des Eigentümers Klaus Wohlfarth, ein bis zwei zum Thema passende Einsätze auszusuchen. Wir entschieden uns für die Teilnahme am Int. Glasbachrennen in Thüringen (Lauf zur Europa-Bergmeisterschaft), außerdem wurden wir vom Duke of Richmond wieder zum „Goodwood Festival of Speed“ nach England eingeladen. Die Zielsetzung für die Einsätze „Tribute to Georg Plasa“ war unverändert, nämlich ganz im Geiste unseres Freundes voll im Wettbewerb teilzunehmen und sich nicht auf Showfahrten zu beschränken. Das Fahrzeug wurde durch das Team im Winter technisch perfekt vorbereitet, ohne die wertvolle Historie zu verändern.
Für das Glasbachrennen gab es erstens eine stramme eigene Zielsetzung, nämlich den bis vor ein paar Jahren durch mich gehaltenen Streckenrekord für Tourenwagen (damals auf
einem BMW 320i STW) wieder zurückzuerobern. Und zweitens kam auch der aktuelle Rekordhalter, Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard, mit einem potenten Renngerät namens Porsche 911 GT3 R nach Thüringen, um seinen eigenen Rekord nochmals zu verbessern und ihn keinesfalls mir zu überlassen. Nachdem wir uns im trockenen Training anfangs stark duelliert hatten, wurde meine Performanceentwicklung bezüglich Anpassung Fahrer auf Auto, Auto auf Strecke etc. durch diverse techn. Defekte eingeschränkt, so dass wir den Renntag nicht perfekt vorbereitet in Angriff nehmen konnten. Doch der Wettergott
hatte ebenfalls eine Meinung zum Thema und schickte Regen für den Sonntag, so dass das Projekt Streckenrekord von beiden Seiten her nicht angegriffen werden konnte und alles unverändert blieb.
Beim Goodwood Festival of Speed hatten wir – was die Erwartungshaltung angeht – die Hypothek eines fast zu perfekt gelaufenen Vorjahres, wo der „Shootout“ mit einem spektakulären 3. Gesamtrang für uns endete. Allen war klar, dass dies mehr war, als man in diesem traditionell starken Feld erwarten konnte. Entsprechend demütig stellten wir uns 2019 dem Wettbewerb in Südengland. Auch hier war nach spannenden Trainingsläufen eine nasse Strecke im sonntäglichen Finale der entscheidende Faktor, der unsere 560 PS gepaart mit 900kg Gewicht und Heckantrieb in eine defensive Position brachte und den
allradgetriebenen Geräten wie VW ID-R mit Romain Dumas und Petter Solberg auf VW Polo WRX in die Karten spielte. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass jeder noch so kleine Unfall nicht nur Material sondern auch Geschichte zerstören würde, entschieden wir uns für eine Strategie auf der sicheren Seite und starteten auf abtrocknender Strecke noch mit Regenreifen. Somit blieb ein immer noch respektabler 5. Gesamtrang für uns übrig und die Gewissheit, dass uns Georg vom Himmel aus grinsend zusah.
2. Rundstrecke
Auf der Rundstrecke ergab sich für 2019 die Möglichkeit, die Mannschaft meines langjährigen Teamchefs Johannes Scheid für das 24h-Rennen am Nürburgring zu unterstützen. Einsatzgerät war der bekannte „Eifelblitz“, BMW M240i Racing“ in der stark umkämpften Klasse CUP5. Der liebe Hannes feierte 2019 nämlich neben dem 70. Geburtstag auch sein 50-jähriges Jubiläum im Motorsport, und ich wollte ihm die Freude machen, dies mit ihm im Renneinsatz zu feiern. Mit dem Design einer eigenen Motorhaube extra für das Rennen mit Unterstützung von zwei Sponsoren sowie der
Kontaktaufnahme mit einem großen Teil seiner sage und schreibe 78 Teamkollegen & Fahrern aus 50 Jahren Motorsport, die dann als Überraschung für ihn in der Startaufstellung auf der Haube unterschrieben, gelang dies perfekt! Das Rennen begann von der Pole-Position in der Klasse, ich teilte mir das Fahrzeug mit drei jungen Teamkollegen, die alle weniger als halb so alt waren wie ich! In Summe eine gute Truppe mit mir als Mentor. Leider unterlief einem der Jungs in den Abendstunden ein kleiner Fehler, so dass der Kampf um den Klassensieg ab diesem Zeitpunkt leider aussichtslos war. Die Klasse CUP5 ist wie das ganze 24h-Rennen inzwischen extrem hart
geworden, man fährt ohne Übertreibung 24 Stunden lang ein reines Sprintrennen, selbst der kleinste Fehler und der Verlust von beispielsweise nur 30 Sekunden kann schon rennentscheidend sein. Aber wir nutzen das lange restliche Rennen, um die Junioren fahrerischweiterzuentwickeln, denn gerade auf der Langstrecke ist beispielsweise die Fähigkeit, mit derselben Benzinmenge und denselben Rundenzeiten mehr Fahrstrecke zu schaffen bzw. die Nachtankzeit zu verkürzen, ein wichtiger Taktik-Faktor.
In der zweiten Jahreshälfte war ich dann intensiv in die Entwicklung eines neuen Kundensport-Rennfahrzeugs von BMW Motorsport auf Basis des BMW M2 Coupé eingebunden, das ab der Saison 2020 angeboten wird. Neben Tests auf verschiedenen europäischen Rennstrecken wie u.a. Portimao, Almeria, Vallelunga und Miramas gab es für mich damit auch zwei Rennteilnahmen im Rahmen der VLN Langstreckenmeisterschaft auf der Nürburgring-Nordschleife zu Testzwecken. In Summe bescherte mir das Projekt einige tausend Kilometer im Rennauto und das Gefühl, ab nächstem Jahr ein tolles Basisfahrzeug für den Kundensport an den Start zu bringen. Und da jeder Rennkilometer mehr Erfahrungen bringt, war die ganze Testerei nebenbei eine willkommene Gelegenheit, mich mit den BMW Werksfahrern und auch BMW Werksjunioren zu messen.